Im April habe ich dieses Stück lebendige Rinde vor die Linse bekommen Es handelt sich um den gut getarnten Wendehals, den ich wohl ohne seine markanten Rufe, die mich an eine Mischung aus Grünspecht x Silbermöwe erinnern, nicht entdeckt hätte.
Der Wendehals gehört zur Familie der Spechte, dort jedoch in die eigene Unterfamilie der Wendehälse, während unsere anderen Spechte zur Unterfamilie der Echten Spechte gehören. Wenn man sich einige Eigenheiten der Art vor Augen führt, ist diese Abgrenzung nicht verwunderlich: So baut der Wendehals bspw. keine eigenen Höhlen. Auch ist er der einzige unserer Spechte, die im Herbst gen Süden ziehen und das sogar als Langstreckenzieher. Ein Trommeln zeigt sich höchstens zaghaft im Höhlenkontext (Balz, Bruthöhlenanzeige, Ablösung) auf sehr kurze Distanz und erinnert damit immerhin an das Verhalten vom Grünspecht. Den typischen Stützschwanz der anderen Spechte sucht man beim Wendehals vergebens, daher besiedelt er auch keine Wälder, wo er viele Bäume erklettern müsste, sondern halboffene-offene Landschaften wie Streuobstwiesen und Heiden.
Aber woher stammt eigentlich der Name? So kann der Wendehals seinen Kopf nicht nur um mehr als 180° verdrehen, sondern nutzt dies auch eindrucksvoll in Bedrohungssituationen: Mit aufgespreizten Federn, lang gestreckten und sich verdrehendem Kopf in Kombination mit zischenden Lauten, gleicht er damit eher einer beschworenen Schlange denn einem Vogel! Dieses Verhalten dient als passive Verteidigungsstrategie gegenüber Feinden.
Bei Hochnebel, Sprühregen und einer schönen Ruhe draußen war ich im weiteren Umfeld auf der Suche nach Überwinterungsstadien von Faltern. Ich hätte mir gerne ein paar mehr Arten versprochen, aber ohne entsprechende Nahrungspflanzen wird das nix: Trotz Bachlauf mit Auen-Pflanzengesellschaften keine Ulmen (dafür super viele Eschen, sehr cool!) und trotz kleinerer Muschelkalk-Ausläufer kein Purgier-Kreuzdorn. Dafür gab es in den vorbildlichen Heckensäumen am Feldrand andere schöne Gewächse: Schlehe, Roter Hartriegel, Rote Heckenkirsche, Liguster, Hundsrose, Eingr. Weißdorn, Gew. Pfaffenhütchen – über die 2 Essigbäume sehe ich mal gekonnt hinweg. Bis auf die fehlenden Ulmen gab es ansonsten neben den erwähnten Eschen andere tolle Bäume: Salweide, Korb-Weiden als Kopf-Weiden, Berg- und Spitz-Ahorn, Stiel-Eichen (leider ohne Eier von Favonius quercus), Schwarz-Erlen, Sommer-Linde, Vogel-Kirsche usw.
Aber zurück zu den Faltern; Eier habe ich nur vom Nierenfleck-Zipfelfalter (Thecla betulae) gefunden – siehe Fotos – dafür auf 700m ohne intensive Suche gleich 18 Stück! Nicht geplant war dagegen der Fund einer Gürtelpuppe, die am Eingriffeligen Weißdorn hing. Es handelt sich dabei um den Großen Kohlweißling (Pieris brassicae).
Auf dem Foto sieht man ein anschauliches Beispiel dafür wie schwer man es sich machen kann, wenn man Arten erst im Nachhinein anhand von Bildern bestimmen will und nicht vom Gesamteindruck im Feld. Denn hierbei handelt es sich zweifelsfrei um einen Baumpieper, ein Individuum mit einer außergewöhnlich starken Strichelung an den Flanken, welche an die vom Wiesenpieper erinnern. Natürlich sollte man bei sogenannten Zwillingsarten ohnehin nicht nur auf ein Merkmal schauen, der deutlich dickere Schnabel passt zum Baumpieper, wie auch das, was man auf dem Foto nicht mehr sieht: Das Verhalten & der Gesang, auf welches ich in einem vorherigen Beitrag bereits eingegangen bin.
Mit einer Körperlänge von gerade einmal 15cm und einer Spannweite von 25-27cm ist der Baumpieper in Wahrheit wesentlich kleiner als er auf Fotos wirkt.
Bei der gleichen Runde wie beim letzten Beitrag habe ich von den vielen erfassten Pflanzen auch einige mit dem Makro abgelichtet. Hier eine Auswahl:
1) Traubenhyazinthen sind eine einfach zu erkennende Gattung (Muscari), die Bestimmung bis auf Artebene ist oft etwas kniffelig. Hilfreich ist bspw. dieser Bestimmungsschlüssel von Klaus Adolphi & Claus Mückschel. Bei dem Exemplar auf dem Foto handelt es sich um die Armenische Traubenhyazinthe (Muscari armeniacum), die wie der Name vermuten lässt, hier ein Neophyt ist. Das ist heutzutage leider sehr oft der Fall, dass man von einer Gattung oder Unterfamilie eher die Vertreter aus Nahost, Fernost oder Nordamerika findet, anstelle der heimischen. Auch wenn es nicht gerne gehört wird: Hier sollten sich Gärtner endlich ihrer Verantwortung bewusst werden.
2) Die Gattung der Kreuzblumen (Polygala) ist bei uns recht überschaubar, oft steht man vor der Frage, ob man es mit dem Bitteren Kreuzblümchen (Polygala amara) oder Gewöhnlichen Kreuzblümchen (Polygala vulgaris) zu tun hat, da sie sich im Feld morphologisch nicht unterscheiden. Hier war es das Bittere – wie ich drauf gekommen bin? Hier hilft ein kurzer Biss in ein Blatt und der Rest ist Nomen est Omen (aber bitte nicht essen, sie ist leicht toxisch !)
3) Die wuschelige Blume hier steht auf sämtlichen Roten Listen und steht auch unter besonderem gesetzlichen Schutz, es handelt sich um die Gewöhnliche Kuhschelle (Pulsatilla vulgaris), auch Küchenschelle genannt. Sowohl für ganz Deutschland als auch speziell Thüringen ist sie als gefährdet (3) eingestuft. Also bitte auch stehen lassen und höchstens Fotos mitnehmen.
4) Es ist gleich erkennbar, dass man es hier mit einem Fingerkraut (Gattung Potentilla) zu tun hat, genauer gesagt mit dem Rötlichen Fingerkraut (Potentilla heptaphylla), was ich selten mal finde. Wie dem Lehrbuch nach, ist die Pflanze dort auf kalkhaltigen Sandboden gewachsen.
5) Eine der wichtigsten Schmetterlingspflanzen überhaupt und zudem eine Nektar- und Pollenbombe für alle Insekten, die früh unterwegs sind: Die Salweide (Salix caprea). Dieser Strauch ist zweihäusig getrenntgeschlechtlich, also gibt es rein männliche und weibliche Individuen. Das Foto zeigt Frau Salweide
6) Ganz anders ist es bei der Schlehe (Prunus spinosa), die Blüten sind zwittrig und einhäusig – also beide Geschlechter finden sich nicht nur auf der gleichen Pflanze, sondern sogar in der gleichen Blüte. Interessant bei der Schlehe ist, dass die Blüte VOR dem Laubaustrieb stattfindet.
7) Eine schöne Wegrand- und Acker-Begleitpflanze ist das Stängelumfassende Hellerkraut (Microthlaspi perfoliatum), die auf dem ersten Blick dem Acker-Hellerkraut sehr ähnlich sieht.
8 ) Die Wiesen-Schlüsselblume (Primula veris) ist immer schön anzusehen und sicher auch heute noch eine einigermaßen bekannte heimische Pflanze.
9) Die Zypressen-Wolfsmilch (Euphorbia cyparissias) ist mit den markanten Blüten sowie den koniferenartigen Blättern zu jeder Zeit gut zu erkennen und einfach zu bestimmen. Ein genauer Blick lohnt sich im Sommer an sonnenexponierten, wärmebegünstigten Stellen an Wegesrändern, denn dort findet man u.U. die wunderschönen Raupen vom Zypressen-Wolfsmilchschwärmer.