Weihnachten sucht man Eier oder wie war das?

Bei Hochnebel, Sprühregen und einer schönen Ruhe draußen war ich im weiteren Umfeld auf der Suche nach Überwinterungsstadien von Faltern. Ich hätte mir gerne ein paar mehr Arten versprochen, aber ohne entsprechende Nahrungspflanzen wird das nix: Trotz Bachlauf mit Auen-Pflanzengesellschaften keine Ulmen (dafür super viele Eschen, sehr cool!) und trotz kleinerer Muschelkalk-Ausläufer kein Purgier-Kreuzdorn. Dafür gab es in den vorbildlichen Heckensäumen am Feldrand andere schöne Gewächse: Schlehe, Roter Hartriegel, Rote Heckenkirsche, Liguster, Hundsrose, Eingr. Weißdorn, Gew. Pfaffenhütchen – über die 2 Essigbäume sehe ich mal gekonnt hinweg. Bis auf die fehlenden Ulmen gab es ansonsten neben den erwähnten Eschen andere tolle Bäume: Salweide, Korb-Weiden als Kopf-Weiden, Berg- und Spitz-Ahorn, Stiel-Eichen (leider ohne Eier von Favonius quercus), Schwarz-Erlen, Sommer-Linde, Vogel-Kirsche usw.

Aber zurück zu den Faltern; Eier habe ich nur vom Nierenfleck-Zipfelfalter (Thecla betulae) gefunden – siehe Fotos – dafür auf 700m ohne intensive Suche gleich 18 Stück! Nicht geplant war dagegen der Fund einer Gürtelpuppe, die am Eingriffeligen Weißdorn hing. Es handelt sich dabei um den Großen Kohlweißling (Pieris brassicae).

Na dann – Frohe Ostern!

Insekten aus dem April auf einem ehem. Truppenübungsplatz

Das Krabbelgetier vom heutigen Beitrag stammt vom April aus einem ehem. Truppenübungsplatz, der als Heidelandschaft unter Naturschutz steht und durch extensive Beweidung offen gehalten wird.

1) Es geht los mit dem Schwarzblauen Ölkäfer (Meloe proscarabaeus), im Volksmund auch Maiwurm genannt – hier ein weibliches Individuum. Der Name kommt daher, da der Ölkäfer bei Bedrohung ein öliges und sehr giftiges Sekret aus seinen Gelenken absondern kann. Für Medien wie SPIEGEL Online war das bereits Grund genug, Panik machende Artikel bar jeder Vernunft und Fakten zu schreiben. Die Hysterie geht mittlerweile soweit, dass sogar Spielplätze wegen Käfern gesperrt wurden. Dabei braucht man den Käfer bloß weder zu ärgern, noch sich dieses bis zu 35mm große wehrhafte Tier in den Mund zu stecken. Was machen eigentlich die Leute oder speziell SPIEGEL-Autoren, wenn sie erfahren, dass die Bisse ihrer Hauskatzen in 30-50% der Fälle zu schwerwiegenden Infektionen führen, weshalb auch prinzipiell jeder Biss ärztlich versorgt werden muss?

2) Weniger im Rampenlicht stehen für gewöhnlich die Schwebfliegen, von denen wir in Deutschland um die 450 Arten beherbergen. Das Foto zeigt eine Frühe Gelbrandschwebfliege (Xanthogramma citrofasciatum).

3) Wolli! Hier ruht sich der Große Wollschweber (Bombylius major) aus. Wie immer bei Wollschwebern gilt: Genau hinschauen, wir haben in Deutschland 30-40 Arten, die mitunter kniffelig zu unterscheiden sind, auch wenn einige Naturführer aus dem hause Kosmos suggerieren, es gäbe nur 1-2 Arten.

4) Mal einen ganz anderen Bockkäfer habe ich hier vorgefunden, es handelt sich um den Rothaarbock (Pyrrhidium sanguineum).

5) Ein häufiger und oft gesehener Käfer: Siebenpunkt-Marienkäfer (Coccinella septempunctata). Es gibt noch eine nicht ganz einfach zu bestimmende Zwillingsart, die ähnlich aussieht, den Ameisen-Siebenpunkt-Marienkäfer.

6) Ein besonderer Weißling hat sich hier gezeigt, ein Vertreter aus dem Artenkomplex der Tintenfleck-Weißlinge (Leptidea juvernica/sinapis). Theoretisch gehört zum Komplex auch noch L. reali, aber der fliegt hier nicht.

Von Spannern und Sackträgern

Auch an kühlen Winterabenden sind bei wenigen Plusgrade noch Falter aktiv und viele nur zu dieser Zeit. Zumindest solange es nicht zu kalt wird und diese auf eine günstigere Witterung warten. Trotz geringer Plusgrade in der Umgebung war es im Kartiergebiet (Feuchter, offen halb strukturierter Mischwald, >400m üNHN) dann doch zu frostig, sodass nicht wirklich was los war – das kommt vor. Immerhin zogen zur Dämmerung noch Kolkrabentrupps durch, der Schwarzspecht machte mit einem Flugruf auf sich aufmerksam und die Dunkelheit wurde mit gellendem Bellen von Rehen (=Schrecklaut) begleitet.

Immerhin ein Falter im Imaginalstadium war unterwegs und lustigerweise am Köder statt Licht: ein Männchen vom Kleinen Frostspanner (Operophtera brumata), die um diese Zeit mitunter zu Hunderten in unseren Wäldern unterwegs sind.

Im Schein der Stirnlampe haben sich dann aber andere Sachen offenbart, wie der Raupensack vom Großer Rauch-Sackträger (Psyche crassiorella). Das ist sozusagen die Bude von der Raupe, in der sie überwintert. Während die Männchen die Behausung verlassen und sich auf die Suche nach Weibchen begeben, bleiben Weibchen ihr Leben lang in der Behausung und warten auf anfliegende Männchen. Verwechslungsgefahr besteht bei dieser Art mit dem Kleinen Rauch-Sackträger (Psyche casta). Bei diesem ist der Raupensack etwas kleiner und die Stöckchen schmaler und weniger geordnet. Übrigens…das Weiß ist Markierungsfarbe von Forstarbeiten

Auf dem dritten Bild sieht man, dass Zufall, aufmerksames Gucken und die Stirnlampe eine weitere Art der Echten Sackträger (Psychidae) haben entdecken lassen haben: den Röhren-Sackträger (Taleporia tubulosa), der hier halb unter einem Rindenstück auf stehendem Totholz hing.

Falterkartierung und Fotosession im Juli

Die Tage habe ich mich um einen Foto-Ordner aus dem Juli’23 gekümmert, dessen RAW-Dateien noch der Entwicklung geharrt haben. Die Fläche war eine extensive, magere Mähwiese auf Muschelkalk am Waldrand. Das Arteninventar hat sich dementsprechend abwechslungsreich und mit einigen Besonderheiten präsentiert. Die Artnamen stehen bei den Fotos.

Von besonderen Libellen, knutschenden Fröschen und einfliegenden Gelblingen

Im heutigen Beitrag geht es um ein paar Fotos von gestern sowie Mitte August, die einige schöne Arten und besondere Momente zeigen.

1. In den Hochstaudenfluren von der Großen Brennnessel hat sich genauen Blick eine Puppe vom Admiral (Vanesse atalanta) versteckt. Solche glänzenden Goldflecken weisen auch Puppen vom Tagpfauenauge auf, aber beim genauen Blick lassen sich die Arten gut unterscheiden. Aufpassen muss auch bei den extrem variablen Raupen vom Admira, einige Morphe sehen denen vom Tagpfauenauge mitunter auch recht ähnlich.

2. Ein Erstfund für uns und sowohl das Gebiet, war diese Libelle aus der Familie der Falkenlibellen. Es handelt sich um die nicht häufige Glänzende Smaragdlibelle (Somatochlora metallica). Wie bei vielen Libellen sind wichtige Bestimmungsmerkmale oft recht filigrane Elemente. Das sicherste Merkmal hier ist die gelbe Zeichnung der Stirn.

3. Hier war eine weibliche Libelle immer wieder dabei, ihr Abdomenende stoßhaft ins Wasser zu tauchen – Also ein Weibchen bei der Eiablage. Die Art ist der Große Blaupfeil (Orthetrum cancellatum), Zustand und Färbung verraten ein fortgeschrittenes Alter.

4. Eine witzige Momentaufnahme boten diese beiden Grünfrösche, die in dieser Post verharrt haben

5. Hier kam im Gebiet von Kiesseen und aktivem Tagebau eine dicke Raupe des Weges gekrochen. Das Analhorn verrät schon beim ersten flüchtigen Blick die Zugehörigkeit zur Familie der Schwärmer (Sphingidae) und bei der Art handelt es sich um den Labkraut-Schwärmer. Der ist recht verbreitet, aber nirgends häufig und kommt nur vereinzelt vor – in Thüringen steht er auf der Roten Liste auf der 2, also stark gefährdet. Mit Weidenröschen- und Labkraut-Arten, scheint die Art zwar nicht sonderlich anspruchsvoll, aber die passende Larvalnahrung ist nur die halbe Miete. Mikroklima, Habitatrequisiten, passendes Substrat zum Eingraben (Schwärmerraupen graben sich in den Boden und verpuppen sich dort), uvm. spielt eine ebenso wichtige Rolle.

6. Neben vielen herumfliegenden Goldenen Achten (Colias hyale) konnten wir zweifelsfrei 3 Postillions bestimmen; die Fotos zeigen erst ein Männchen und dann das Weibchen mit den durchscheinenden weißen Punkten auf dem Schwarz der Apikalregion. Der Postillion oder Postillion heißt auch Wandergelbling – ein zutreffender Name, da dies eine südliche Art ist, die in unterschiedlicher Stärke zu uns einwandert. Für unsere Region eine schöne Besonderheit und dass es mal mit Bildern geklappt hat, war noch schöner.

7. Klar zu sehen eine Sedum-Art, also eine Art der Fetthennen/Mauerpfeffer. Hier ist es die Purpur-Fetthenne (Sedum telephium), die uns zuvor noch nicht aufgefallen war.

Sommerlicher Ausflug in der Wüste

Nun ist es nicht ganz korrekt die Kyritz-Ruppiner Heide in Brandenburg als Wüste zu bezeichnen, es handelt sich vom Lebensraumtyp um ein Mosaik aus Trockener Sandheide, Düne mit offenen Grasflächen, Dünen im Binnenland, Trockene Europäische Heide sowie Eichen- und Buchenwald. Zudem finden sich dort halboffene Trockenrasen mit einzelnen Gehölzen. Jedenfalls fühlt es sich mitten im Juni in der prallen Sonne und dem vielen feinen Sand dann doch sehr wie eine Wüste an

Seinen Ursprung hat das Naturschutz- und FFH-Gebiet in seiner Zeit als Nutzung als Truppenübungsplatz. Relikte davon finden sich in den vielen ungeräumten Bereich mit vielen Munitionsresten. Einer Verbuschung der Fläche wird durch einer Beweidung durch Schafe entgegengewirkt. Wie wertvoll dieses Biotop ist, zeigte sich schon Sekunden nach dem Aussteigen aus dem Auto: Zeitgleich waren Heidelerche, Grauammer und Wiedehopf zu hören. Neben dem Neuntöter, kommt dort sogar der Raubwürger als Brutvogel vor. Dass es Braun- und Schwarzkehlchen sowie Baumpieper, Pirole und viele weitere gibt, ist dann auch keine Überraschung mehr. Im heutigen Beitrag geht es um einige Schmetterlingsfotos, die ich an dem Tag machen konnte.

1. Es geht los mit einem typischen Bewohner offener und wärmebegünstigter Flächen, ein Bläuling des Silberfleck-Komplexes (Plebejus spec.). Wie meist hierzulande, handelt es sich um den Argus-Bläuling (Plebejus argus). Es ist die einzige Art des Komplexes mit Dornen an den Tibiae der Vorderbeine.

2. Die folgenden 3 Fotos zeigen ein Weibchen vom Braunen Feuerfalter Weibchen (Lycaena tityrus) – bei der Art sind die Weibchen nämlich farbiger, in dem Fall oranger, als die Männchen

3. Foto 5 zeigt den Großen Kohlweißling (Pieris brassicae) am Gewöhnliche Natternkopf. Eine Art, die ich bei mir nicht einmal ansatzweise so oft finde, wie P rapae oder P. napi vom danach folgenden Foto.

4. Der nächste Feuerfalter ist der Kleine Feuerfalter (Lycaena phlaeas) – das erste Individuum auf dem Weißen Steinklee, das andere ebenfalls am Gewöhnlichen Natternkopf.

5. Der darf natürlich nicht fehlen: Der häufigste unserer Braun-Dickkopffalter, der Rostfarbige Dickkopffalter (Ochlodes sylvanus), der sich ebenfalls am Gew. Natternkopf gütlich tut.

6. Immer ein Grund zur Freude ist die Sichtung eines Scheckenfalters, zumindest solange, bis man sich an die Bestimmung macht. Hierbei haben wir es mit dem schwierigen Artkomplex Melitaea athalia/aurelia/britomartis zu tun. Eine sichere Bestimmung anhand morphologischer Merkmale ist nicht immer möglich, zudem sollten qualitativ gute Fotos von verschiedenen Seiten angefertigt werden. Wir sind uns in diesem Fall sicher, dass es sich um den Wachtelweizen-Scheckenfalter (M. athalia) handelt. Die Bestimmung erfolgt über die Kombination mehrerer Merkmale und ich kann dazu das entsprechende Bestimmungshilfeblatt vom Tagfalter-Monitoring (Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung) empfehlen:

Bestimmungshilfe Scheckenfalter

Zum Abschluss gibt es noch ein Panorama von einem Aussichtsturm, welches ich aus 15 Fotos erstellt habe. Die Originaldatei ist mit 29.526×5.869 Pixeln sehr detailliert geworden. So schaut es jedenfalls aus in der Wüste

Gewusel in der Nacht

Mit Genehmigung und im Auftrag der UNB sind wir in der Region zum Kartieren von Nachtfaltern aktiv, welche mit Licht und Köder gelockt und – soweit dies ohne Genitaluntersuchung und Barcoding möglich ist (was meist der Fall ist) – bestimmt sowie erfasst werden. Nachts im Wald erlebt man dann natürlich noch einige andere bemerkenswerte Vorkommnisse. In der Nacht hatten wir neben 60 Nachtfalterarten, auch Laufkäfer, Bockkäfer, Marienkäfer, Skorpionsfliegen und andere Insekten. Die Waldkäuze waren für Mitte August außerordentlich aktiv. Es waren nicht nur Rufe von Männchen und Weibchen zu hören, sondern auch das im Balz-Kontext vorgetragene Nestanzeige-Rollern des Männchens. Meist geht es bei den Waldkäuzen ab September mit der Herbstbalz los, diese hier scheinen schon ganz heiß drauf zu sein.

Zum Thema bemerkenswerte andere Beobachtungen: Da sollte die Nadelwald-Säbelschrecke (Barbitistes constrictus) erwähnt werden. Das Foto zeigt ein Weibchen und das bemerkenswerte ist, dass die Art hier selten vorkommt, da ihre nördliche Arealgrenze bei Thüringen-Sachsen-Sachsen-Anhalt verläuft.

Der Laufkäfer mit dem schönen bläulich-metallisch leuchtenden Rand ist die Goldleiste oder auch Violettrandiger Laufkäfer (Carabus violaceus).

Ein netter Besucher war auch die zuerst ankrabbelnde junge Erdkröte (Bufo bufo), welche später Gesellschaft von einem wirklich großen weiblichen und adulten Individuum bekam.

Mit einer Liste von 60 Nachtfalter-Arten erschlage ich hier niemanden; Bei Interesse an Informationen zu einer Art einfach fragen

Einige schöne Insekten der letzten Zeit

Heute zeige ich ein paar schöne Insektenbeobachtungen der letzten Zeit, über die ich bisher noch nicht berichtet habe.

Bei einer 10km Kartierrunde in einem schönen lichten, strukturierten und beweideten Wald, der auch Naturschutz- und Vogelschutzgebiet ist, habe ich nach über 30 Kaisermänteln und 7 Russischen Bären, dann auch diesen Falter gefunden: Der Feurige Perlmuttfalter (Fabriciana adippe), der hier Nektar von einer Lanzett-Kratzdistel aufnimmt.

Der kleine Dickkopffalter, der hier auf einer feuchten Wiese auf Großem Wiesenknopf ruht, ist ein noch verhältnismäßig neuer Bewohner in Thüringen. Es ist der Zweibrütige Dickkopffalter (Pyrgus armoricanus), der aus eher wärmeren Gegenden die letzten Jahre von Südwesten her nach Deutschland eingewandert ist und mittlerweile weit verbreitet zu finden ist.

Dieses Libellenmännchen mit den spitzen Zackenmustern auf den hinteren Segmenten des Abdomens, der pokalähnlichen Zeichnung auf dem zweiten Abdomen sowie den leuchtend saphirblauen Augen, ist das Saphirauge, früher Pokal-Azurjungfer (Erythromma lindeni) genannt. In Thüringen wird die Art in der Roten Liste als R geführt – Extrem selten. Wir haben sie in einem Kiesabbau gefunden und das passt zu Literaturangaben, nachdem sie Tagebaue und andere xerotherme Ruderalflächen bevorzugt und oft mit der Westlichen Keiljungfer im gleichen Gebiet vorkommt. Letztgenannte Art konnten wir schon vor einiger Zeit im Gebiet nachweisen. Mit zunehmenden Klimawandel ist auch mit einer Zunahme des Saphirauges zu rechnen; ähnliche Entwicklungen konnte man bei anderen wärmeliebenden, südlichen Arten bereits beobachten: Wespenspinne, Gottesanbeterin, Zweibrütiger Dickkopffalter uvm.

Eine besonders schöne Beobachtung konnten wir hier machen: Ein Schwalbenschwanz-Weibchen (Papilio machaon) bei der Ei-Ablage an jungen Exemplaren der Wilden Möhre. Hier am Rand des Kies-Tagebaus haben die gelben, kugelrunden Eier tatsächlich eine realistische Chance auf eine volle Entwicklung. Das ist mit dem exzessiven Mähen von Gärten, aber auch von städtischen Flächen, leider mittlerweile eine Ausnahme geworden. Entweder gehen die Eier bzw. Raupen beim Mähen verloren oder alles ist millimeterkurz kahlgeschoren, sodass keine Pflanzen mehr zur Eiablage vorhanden sind. Dabei ist der Schwalbenschwanz eine eher anspruchslose Art und bevorzugt für seine Raupen lediglich Doldenblütler, wie Wilde Möhre oder Pastinak, die als typische Ruderalgewächse überall quasi von alleine wachsen – wenn man sie denn mal lässt und nicht als Unkräuter vernichtet.

Intakte Natur auf Sekundärbiotop

Es liegt schon eine gewisse Ironie in dem Sachverhalt, dass unsere Felder und Flure, allen voran das Grünland, immer mehr an Arten und Individuen verarmen und man ausgerechnet auf, mit brachialer Gewalt bearbeiteten, Flächen wie Tagebauen bessere Lebensbedingungen vorfindet. So wie letztes Wochenende an einem ehemaligen Tagebau auf Muschelkalk-Grund, der von Trockenrasen und Ruderal- sowie Sukzessionsflächen umgeben ist. 30 Silbergrüne Bläulinge auf 3 Hektar waren dort genauso normal wie 4 Russische Bären an einer einzigen Wollköpfigen Kratzdistel oder seltene Spezialisten wie die Rotflügelige Schnarrschrecke (RL in TH:2) oder der Mattscheckige Braundickkopffalter. Auch Vögel wie Waldwasserläufer, Wachtel, Uhu und weitere avifaunistische Besonderheiten fühlen sich dort wohl. Botanisch gab es neben typischen Ruderalgewächsen (Wilde Möhre, verschiedene Kratzdisteln, Rainfarn, Weißer Steinklee), auch Magerrasen-Arten (Wiesen-Witwenblume, Tauben-Skabiose, Wiesen- und Skabiosen-Flockenblumen, Wundklee, Pfirsichbl. Glockenblume) sowie viele Kräuter (Arznei-Thymian, Echter Dost). 107 Arten haben wir in 4,5h erfasst, eine kleine Auswahl folgt als Bild.

1. Obwohl ich die Art schon einmal mit dem Makro schön aufgenommen habe, habe ich sie wegen ihrer starken Variabilität nicht wiedererkannt. Klar war natürlich, dass es ein Graszünsler ist und man gleich bei der Unterfamilie der Crambinae gucken kann. Es ist der Magerrasen-Graszünsler Agriphila inquinatella.

2. Die nächste wohlbekannte Art, die ganz anders gewirkt hat, war der Braunbinden-Wellenstriemenspanner (Scotopteryx chenopodiata). Im normalen Ruhezustand fallen sowohl die breiten Deltaflügel als auch die schöne breite Bänderung auf. Beim aktiven Blütenbesuch, hier auf der Skabiosen-Flockenblume, wirkt die Art schon ganz anders.

3. Wenn es groß und weiß ist und deutlich ein Spanner, dann kann man gleich bei Cabera spec. schauen. Fast immer finden wir dabei den Braunstirn-Weißspanner (Cabera exanthemata), so wie auch hier.

4. Ja, die Flechtenbärchen sind mitunter kniffelig bei der Bestimmung. Bei diesem Rollflügel-Typ hat uns u.a. der Verlauf der äußeren orangen Randlinie zu Eilema complana geführt.

5. Ein weiteres Flechtenbärchen war Eilema pygmaeola, dessen Unterscheidung, gerade zu Eilema palliatella, mit Rest-Unsicherheit behaftet ist.

6.-8. Vor allem, wo es warm, mager und kalkig ist, kann man den Feurigen Perlmuttfalter (Fabriciana adippe) (hier an der Lanzett-Kratzdistel) antreffen. Der hier hat schon einiges hinter sich, ein ganz frischer flog aber auch durch die Gegend.

9. Manchmal erlaubt sich die Natur einen Spaß und lässt einen etwas dumm aus der Wäsche gucken. Diese Pflanze ist tatsächlich einfach nur eine Gew. Wegwarte – allerdings in einer Form, die man gelegentlich bei Pflanzen antreffen kann, nämlich ganz in Weiß. Man nennt das dann einen Weißling.

10.+11. Eine Paarung von Schmetterlingen beobachten und fotografieren zu können, ist immer etwas besonderes. Hier handelt es sich um Hauhechel-Bläulinge (Polyommatus icarus). Das zweite Foto zeigt noch einen eifersüchtigen Herren, der gerne auch mal wollte, aber mit Flügelschlägen des Pärchen schnell abgewehrt wurde.

12. Anspruchsvoller als die Zwillingsart Goldene Acht (Colias hyale), ist der hier vorkommende Hufeisenklee-Gelbling (Colias alfacariensis). Das Foto zeigt ein Weibchen am Gew. Bitterkraut. Man könnte beinahe sagen, eine stinklangweilige Unkraut-Ruderalpflanze – aber extrem beliebt bei Insekten.

13. Wenn man ihn einmal kennt, ist er schnell bestimmt: Es ist Idaea ochrata; etwas ähnlich ist bspw. I. serpentata. Meist haben die anderen aber unterschiedliche lokale Verbreitungen.

14.+15. Die Dickkopffalter habe ich besonders liebgewonnen und die Bestimmung hält die Hirnzellen frisch Nach längerer Zeit und vielen Gebieten, gab es endlich mal wieder gleich mehrere Mattscheckige Dickkopffalter (Thymelicus acteon). Der Zweite war noch etwas verpeilt, da mir sein Gewusel dann doch zuviel wurde und der Kescher zum Einsatz kam Nach kurzer Entwirrung und Peilung der Lage, zischte er wieder von dannen, um vielleicht den nächsten Kartierer zum Wahnsinn zu treiben.

16.-17. Es ist schön, wenn man eine Art, die man winters pausenlos als Ei sieht, dann doch mal wieder in ganzer Pracht erleben kann: Es ist der Nierenfleck-Zipfelfalter (Thecla betulae).

18. Ein Rätsel war auch dieses Kraut, was sich als mediterrane Salbei-Art (Neophyt) entpuppte: Der Quirblütige Salbei.

19. Der Klassiker unter den Dickkopffaltern durfte natürlich nicht fehlen: Der Rostfarbige Dickkopffalter (Ochlodes sylvanus) an einer Wiesen-Witwenblume (Knautia arvensis).

20. Ich dachte, die Hitze schlägt mir irgendwann doch aufs Gehirn: Ist da gerade ein viel zu dickes rotes Widderchen langgeflogen, was klang, als sitze es auf einem Moped? Der Verursacher wurde zum Glück identifiziert: Es handelte sich um eine männliche Rotflügelige Schnarrschrecke; in Thüringen steht die Art auf der Roten Liste als 2 = stark gefährdet.

21. Einmal und nie wieder hielt mich diese Art, in noch stärker abgeflogener Variante, mal zum Narren; da waren gerade noch so Mittelflecken-Häckchen zu sehen. Es ist der Rotrandbär (Diacrisia sannio). Die Art scheint innerhalb kurzer Zeit ganz besonders schnell ihre Farbschuppen zu verlieren; noch vor kurzem hatten wir nur frische, knallig bunte Individuen, an dem Tag nur mehr oder weniger weißliche.

22.-25. Immer wieder ein Hingucker ist der tagaktive Bärenspinner Russischer Bär (Euplagia quadripunctaria). Eine nach Anhang II der FFH-Richtlinie besonders geschützte Art, die sich sehr über den Wollköpfigen-Kratzdistel gefreut hat und im Nektarrausch auch plötzlich ganz fotogen wurde.

26. Ein besonders schönes Erlebnis war die Paarung der Silbergrünen Bläulinge (Lysandra coridon), die wir als individuenstärkste Tagfalter-Art im Gebiet hatten. Nach den ganzen Kohlweißlings-, Schachbrett- und Ochsenaugen-Listen mit nix anderem die letzte Zeit eine echte Wohltat.

27.+28. Es ist immer schwierig und langwierig in fremden Gebieten zu „wildern“ und ohne Peilung der Gattungen und Familien etwas zu bestimmen, aber bei der schönen Wespe musste das sein. Es ist die Gelbschwarze Blattwespe (Tenthredo vespa) an Wilder Möhre (Daucus carota).

29.+30. Die dritte Bläulingsart im Gebiet, war eine, die ihren Namen zurecht trägt: Zwerg-Bläuling. Grob abgeschätzt hat er die halbe Größe vom typischen Hauhechel-Bläuling und im Vergleich zum Silbergrünen ist er sicher nur 1/3. Ein toller Falter, der sich hier an 2 schönen Pflanzen zeigt: Gew. Hornklee und Wundklee.

Insekten am Oberen Stinkersee beim Neusiedleer See

Von einem schönen Ausflug Ende Mai, an einem der Salzlacken beim Neusiedler See, stelle ich heute eine kleine Insektenauswahl vor.

1. Regelmäßig und deutlich verbreiteter als in unseren heimischen Gefilden, haben wir die Ackerwinden-Trauereule (Tyta luctuosa) gefunden, deren Raupen passend zum Namen tatsächlich gerne an Acker-Winde gehen.

2. Unter den Graszünslern gibt es echte Schönheiten wie der hier gezeigte Chrysocramboides craterella. Eine sichere Artabgrenzung zu C. linetella ist nur über Genitaluntersuchung möglich; die starke Zeichnung, Verbeitung und das Vorkommen am Neusiedler See, sprechen aber wahrscheinlich für die C. craterella.

3. Ein dicker Krabbelkäfer kam hier des Weges gelaufen und erinnerte etwas an unsere Mistkäfer, vor allem an den Wald-Mistkäfer. Es ist (Dank eines Hinweises) ein Riesenkäfer der Gattung Pentodon.

4. Ein Männchen der Großen Pechlibelle (Ischnura elegans) – eine häufige und gut zu bestimmende Libellenart.

5. Mancherorts ist diese Allerweltsart, wie auch sein zeitiger auftretender naher Verwandter (Maikäfer), schon selten geworden: Der Junikäfer (Amphimallon solstitiale).

6. Eine schöne Beobachtung war dieses Libellenpärchen der Kleinen Königslibelle (Anax parthenope) beim sogenannten Tandem. Jede Libellenart hat eigene und unterscheidbare Verhaltensweisen, so auch bei der Eiablage. Bei dieser Art ist es so, dass das Männchen das Weibchen nach der Paarung und anschließend während der Eiablage weiter festhält – so kann kein Konkurrent zum Zug kommen. Die Eier werden vom Weibchen mithilfe eines Lebebohrers in Pflanzenteile gelegt.

7. Zwei Fotos von einem etwas abgeflogenen Mauerfuchs (Lasiommata megera), der Nektar von einer Karthäuser-Nelke (Dianthus carthusianorum) aufnimmt.

8. Richtig klasse war die Sichtung dieser Libelle, die wir anschließend öfter die Tage rund um den Neusiedler See hatten; die Südliche Binsenjungfer Weibchen (Lestes barbarus). Es ist eine eher mediterrane Art, die allerdings auch recht wanderfreudig ist und auch gelegentlich mal in Deutschland auftaucht.

9. Eine weitere mediterrane und zum Wandern neigende Libellenart, ist die Südliche Mosaikjungfer (Aeshna affinis), die wir regelrecht in Massen vorgefunden haben. An einigen Orten gab es alle paar Hundert Meter regelrechte Wolken dieser und weiterer Großlibellen – Das war am Neusiedler See normal. Eine Erinnerung daran wie kaputt eigentlich die Biosphäre in Deutschland ist.

10. Ein weiterer hübscher Zünsler ist Thisanotia chrysonuchella, der mit einem etwas verwaschenen und stark punktierten Muster auffällt.

11. Bei dieser Art Falter fällt einem gleich die Zugehörigkeit zu einer der beiden Gattungen Idaea oder Scopula auf. Hier handelt es sich um Scopula immutata, den Vierpunkt-Kleinspanner. Wichtig bei der Bestimmung dieser Falter sind nicht nur der exakte Wellenlinienverlauf, sondern auch wo im Verhältnis zu den Linien die Punkte zu sehen sind. Unter oder über der Linie? Mittig oder nah an einer Linie? Gibt es eine Bucht um die Punkte? Das sind Details, die bei der Bestimmung dieser Spanner relevant sind.