Wir haben Erlenzeisige auch als Brutvögel in Deutschland, aber im Winter, wenn weitere aus dem Norden bei uns überwintern, hat man viel bessere Chancen sie zu sehen bzw. im Tiefland zu beobachten.
Außerhalb der Brutzeit sind sie in größeren Trupps unterwegs und fressen Samen aus Früchten verschiedener Bäume. Ihr Name ist schon ein guter Hinweis darauf, wo man sie vor allem im Winter sehen kann: Auf Erlen. Auf den Fotos hier knuspern sie gerade Fichtensamen, die gerade im Spätwinter eine wichtige Ressource darstellen. Man sieht sie dabei nicht selten auch kopfüber oder unter Zweigen hängen.
Die erste Galerie zeigen das Weibchen:
Nach dem Vortritt der Dame, hier das Männchen vom Erlenzeisig.
Auch hier sieht man wieder einen ausgeprägten Geschlechtsdimorphismus. Auf Foto Nr.1 befindet sich das Männchen gerade im Wechsel vom Schlicht- zum Prachtkleid. Auf den anderen Fotos ist das Prachtkleid schon gut ausgebildet. Die Fotos sind Mitte/Ende Februar entstanden.
Wie alle Finken ernähren sich Erlenzeisige hauptsächlich von Samen bspw. aus Erlenzapfen, Fichtenzapfen, Birken-Kätzchen und vielen anderen. Zur Brutzeit werden auch mal Insekten gefangen und verfüttert, aber primär sind Finkenvögel immer auf der Suche nach Sämereien zum Knuspern – Wenn sie im Winter als Trupp unterwegs sind und man sie pausenlos bei der Nahrungsaufnahme sieht, kann man sie getrost als Knusperbande bezeichnen
Wie man auf den Fotos sieht, tun sie dies gerne in allen möglichen und unmöglichen Posen. Erlenzeisige kopfüber an einem kleinen Zapfen hängend zu beobachten, ist daher eher die Regel als Ausnahme.
Erlenzeisige gelten als typische Wintervögel und Wintergäste, oft vergessen wird aber, dass sie auch heimische Brutvögel sind! In einem ausführlichen Übersichtsbeitrag von 2014 wird auch in „Der Erlenzeisig Carduelis spinus (Linnaeus) als Brutvogel in Thüringen“ (Eberhard Mey) darauf hingewiesen, dass dies mitunter an mangelnden Daten/Interesse liegt, es aber durchaus viele Beobachtungs-Nachweise gibt. Wir haben am 30. April einen kompletten TK25-Quadranten im Thüringer Wald kartiert und konnten bei konservativer Zählweise mind. 33 Individuen ausmachen, viele Männchen waren eindeutig bei der Balz (schmetterlingsartiger Singflug). Dazu passt, dass der Thüringer Wald zum bevorzugten Habitat passt, welches von einer fichtenbesetzten Mittelgebirgsregionen gebildet wird. Die besonders hohe Individuenzahl sowie -aktivität dürfte auf das (Fichten)Mastjahr 2022/23 zurückzuführen sein.
Der Erlenzeisig gilt gemeinhin als Wintervogel, ist aber auch mit einem Brutbestand von 21.000-51.000 Brutpaaren als sommerlicher Brutvogel in Deutschland in passenden Gebieten häufig anzutreffen. Man findet sie dann eher in Mittelgebirgslagen mit reichen Beständen an Fichte, deren Zapfen zu ihren wichtigsten Nahrungsquellen gehören. Die Anzahl an Brutpaaren ist daher auch immer von Mastjahren der Fichte abhängig.
Ganz anders im Winter, wo der Erlenzeisig seinem Namen alle Ehre macht und in lärmenden Trupps knuspernd an Schwarz-Erlen-Zapfen zu finden ist. Wie stark der winterliche Einfall der Knusperbande ausfällt, hängt wie bspw. auch bei den Bergfinken von den Bedingungen in den nordeuropäischen und osteuropäischen Brutgebieten ab. Ringablesungen zeigen dabei ein breites Spektrum von Vögeln aus Russland, Skandinavischen Ländern, Baltischen Ländern usw.
Generell ist vieles beim Erlenzeisig – sowohl die Brutplätze als auch das Zugverhalten – sehr unstet. Ringfunde belegen, dass Individuen bspw. nicht immer die gleichen Winterquartiere anfliegen und innerhalb des saisonalen Winterquartiers wandern Schwärme auf der Suche nach Nahrung nochmals bis zu 100Km weit.