Manche mögen ihn, manche nicht: Den Kormoran
Über diesen Vogel kann man kaum etwas sagen, ohne dass bei einigen Leuten die Emotionen hochkochen. Auch sind leider immer noch eine Menge nachweislicher Falschbehauptungen unterwegs. Damit räumen wir hier etwas auf, bevor wir uns später näher mit der Biologie dieses interessanten Vogels beschäftigen.
Der Kormoran hat sich in der Vergangenheit, wie auch andere Arten (Fischadler, Graureiher, Fischotter), aufgrund der Tatsache unbeliebt gemacht, dass er Fisch frisst. Dass es allein der Mensch ist, der am Fischsterben die Verantwortung trägt, wird von Fischessern selbst gern beiseitegeschoben (Überfischung der Ostsee, Schleppnetze samt Schäden, Flusskanalisation, Äschensterben durch Klimawandel, etc).
Jedenfalls wurde der Kormoran daher früher noch intensiver bejagt als seine oben aufgeführten Leidensgenossen und aufgrund seiner Größe und Trägheit war er ein leichtes Opfer. So wurde er vor ca. 100 Jahren im Gebiet des heutigen Deutschlands im Prinzip ausgerottet. Mit dem Aufkommen des Natur- und Artenschutzes hat er sich hier wieder angesiedelt und vermehrt – was zu Unmut in Angler- und Fischerkreisen geführt hat (und noch führt), welche diese Ausrottung gerne vergessen und behaupten, er wäre hier noch nie heimisch gewesen.
Knochenfunde aus Mitteleuropa belegen zweifelsfrei, dass der Kormoran seit mindestens 7.000 Jahren hier heimisch war – bis zu seiner Ausrottung. Der einzige Grund, warum es nicht noch viel ältere Knochen gibt, ist ein Problem vor dem auch Naturkundemuseen stehen: Vogelknochen erhalten sich durch ihre fragile Bauweise nicht gut und lange.
Auch die Behauptung, der Kormoran wäre früher ein reiner Küstenvogel gewesen und nie an Binnengewässern, ist eine dreiste und einfach nachzuweisende Lüge. Jahrhundertealte Chroniken belegen zweifelsfrei bis ins Mittelalter hinein, dass der seinerzeit sogenannte „Wasserrabe“ nicht nur an Flüssen gelebt hat, sondern dass es im Binnenland auch traditionelle Brutkolonien mit einer Bestandszeit von mehreren Hundert Jahren gab!
Einige der heute noch lebenden Arten der Kormoranfamilie (Bei uns gibt es eine Art der Familie) gab es in fast gleicher Form sogar schon seit 5 Millionen Jahren. Wir Menschen können schwerlich Probleme mit Fischbeständen auf Arten schieben, die schon seit 5 Millionen Jahren in einer stabilen Räuber-Beute-Beziehung mit Fischen leben. Ein letzter Vergleich zum Schluss: Wir haben in Deutschland 84Mio Menschen, von denen die meisten Fisch und Fleisch essen und 0,026Mio Kormoranpaare (0,052Mio Individuen).
Zusammenfassend kann man sagen, dass viele Behauptungen von Anglern und Jägern nicht nur ein Affront an der Natur und dem Naturschutz sind, sondern auch gegenüber Biologen, Historikern und Archäologen und damit wissenschaftlichen Tatsachen.
Wenn sie gemütlich auf dem Wasser schippern, wirken sie richtig klein und entenhaft. Wenn sie dann versuchen ihren großen Körper in die Luft zu erheben, sieht es schon etwas schwerfällig aus. Kein Wunder, hat sich ihre Physiologie doch vor allem an die Jagd Unterwasser angepasst. Dort zeigen sie wahrlich unglaubliche Fähigkeiten:
Sie können locker eine halbe bis zu eineinhalb Minuten unter Wasser tauchen und dort eine Tiefe von bis zu 30m erreichen. Wenn sie auf Jagd gehen, sieht man sie dann an einer Stelle untertauchen, dann sind sie erst einmal weg und tauchen unvermittelt wieder ganz woanders wieder auf.
Hier zu sehen ist ein jüngeres Individuum, zu erkennen am noch etwas bräunlichem Gefieder und dem weißen Bauchfleck, den einige Jungtiere noch im ersten bis zweiten Jahr haben.
Vögel im Flug sollte man natürlich sehr kurz belichten, bei der ganzen Reihe war ich bei 1/2.000s.
Auf den folgenden Fotos sind 2 verschiedene Individuen zu sehen: ein adultes sowie ein juveniles (bräunliches Gefieder, Bauch und Kehle weißlich). Es mutet schon ein wenig skurril an, wenn sie mit ihren breiten Schwimmhäuten auf einem Ast sitzen.
Bei uns sind Kormorane Standvögel oder Teilzieher, im Herbst kann einige Trupps z.B. aus Skandinavien durchziehen sehen. Die Zugvögel unter ihnen sind eher Kurzstreckenzieher und überwintern von Süddeutschland bis zum Mittelmeerraum.
Kormorane sind Koloniebrüter und bauen ihre großen Nester, mit 3-4 Eiern bei einer jährlichen Brut, in Bäume. Durch den scharfen Kot sterben die Bäume in der Kolonie nach einiger Zeit meist ab.
Was einige Leute aufregt, muss man aber auch in Relation setzen: Noch zur Steinzeit gab es schätzungsweise 6-7 Billionen Bäume. Es waren wir Menschen, die den Bestand auf die heutigen ca 3 Billionen reduziert haben und auch heute jährlich ca 15Mrd fällen.
So kann man ihn öfter mal beobachten, wenn er sich ungestört fühlt: Der Kormoran steht da, die Flügel weit ausgebreitet und lässt sich durchlüften
Im Gegensatz zu anderen Vögeln und vor allem Wasservögeln, ist das Gefieder vom Kormoran wasserdurchlässig. Das ist neben seinen Schwimmhäuten auch der Hauptgrund dafür, warum er ein so exzellenter, schneller und guter Taucher ist, da das Gefieder unter Wasser nass gesaugt eng anliegt und wenig Widerstand bietet.
Der Nachteil ist offensichtlich: Mit nassem Gefieder lässt es sich schwer fliegen und so muss der Kormoran nach jedem Tauchgang das Gefieder trocknen. Auf dem letzten Foto sitzt einer auf einem hohen Pfosten. Als er nach einem Tauchgang wieder hinauf wollte, hat dieser es mit seinem nassen Gefieder leider nicht wieder hinauf geschafft und ist dann weiter im „Entenmodus“ über das Gewässer geschippert.
Die Fotos sind an Kleipütten am Wattenmeer im September entstanden.
Die Kormorane zeigen sich hier im Februar mit dem weißen Kopfgefieder und der „Frisur“ bereits schön im Prachtkleid.
Bekanntermaßen sind Kormorane Koloniebrüterund sehr oft auch gemeinsam nebeneinander mit Graureihern in Kolonien am Brüten. Die Größe solcher Kolonien kann in die Hunderte gehen, ist beim Graureiher aber meist kleiner; beim Kormoran gibt es sogar noch größere. Solche Plätze werden oft über Jahrzehnte immer wieder als Brutstandort genutzt, es gibt sogar schriftliche Erwähnungen vor mehreren Jahrhunderten!
Die schwarzen Vögel mit den schwimmhäutigen Patschefüßen sind klar erkennbar Kormorane. Der Begriff Kormoran steht aber nicht nur für unsere hier heimische Art Phalcrocorax carbo, sondern auch den taxonomischen Zusammenschluss der weltweit über 40 verwandten Arten, die Familie der Kormorane (Phalacrocoracidae). Als besondere Beobachtung kann man bei uns auf dem Durchzug auch Krähenscharben oder Zwergscharben sehen – noch seltener sogar als vereinzelte Brutvögel.
Auf den Fotos sieht man Individuen mit weißen Bauchfedern, dieses Merkmal verrät sie als Jungvögel. Das Ausbreiten der Schwingen, die eine Spannweite zwischen 1,3m-1,6m aufweisen, dient dem Trocknen des Gefieders, da die Evolution beim Kormoran für kein so gutes wasserabweisendes Gefieder gesorgt hat wie bei anderen Vögeln, was ihm allerdings bei seinen Tauchgängen einen Vorteil während der Jagd nach Fischen verschafft.
Den Jagderfolg zeigt das letzte Bild, was fotografisch kein Highlight ist, aber eine schöne Dokumentation wie sich dieser Kormoran einen Plattfisch erbeutet und ihn unter Mühen tatsächlich verschlungen hat. Das ganze hat er dann mit seinem stolzen Meckern quer über die Ostsee quittiert
Kormorane auch speziell unsere Nominatform Phalacrocorax carbo carbo sind weit verbreitet und kommen bis an die Grönländische und Kanadische Küste vor. Da bei der Grönländischen Population viele den Winter über auch dort im Brutgebiet oder dessen Nähe verbringen, hat sich einigen Wissenschaftlern die Frage gestellt: Wie machen die das eigentlich im polaren Winter, wenn es zur Polarnacht überwiegend dunkel ist? Kormorane erbeuten ihre Fische ausschließlich Unterwasser in bis zu 30m Tiefe.
Dieser Frage ist ein Team um David Grémillet vom CEPE in Straßburg nachgegangen. In einer 2005 erschienenen Studie „Cormorants dive through the Polar night“ konnten sie nachweisen, dass sich an der Tagesaktivität der Kormorane nichts geändert hat. Sie haben also ihre Jagdaktivitäten nicht an die kurzen Tageslichtphasen angepasst, sondern sind wie gewohnt jagen gegangen – selbst, wenn es dann dunkel war. Wir reden hierbei von Rest-Helligkeit von gerade einmal weniger als 1 Lux!
Die einzige Änderung betraf die Dauer der Jagd, die sich verlängert hat. Ob es an den erschwerten Bedingungen liegt oder aber am erhöhten Energiebedarf im Winter, ist dabei noch offen.
Spannend bleibt die Frage wie sie die Fische in solch einer Finsternis fangen können, was für eine Leistung!