Rohrweihe

Während (Mäuse)Bussard, (Turm)Falke & (Rot)Milan auch der breiten Bevölkerung bekannt sind, ist eine komplette Gattung hier heimischer Greifvögel aufgrund drastischer Bestandseinbußen sehr unbekannt geworden: Die Weihen.


Hier geht es um die häufigste unserer 3 in Deutschland brütenden Weihen-Arten, die Rohrweihe.

Der Name deutet es an: die Rohrweihe ist an ruhigen Gewässern mit hohen Schilfbeständen (und Röhricht) zu finden. Wie auch die anderen Weihen, sind sie tolle Flugkünstler und ausnahmslos Bodenbrüter. Letzteres hat auch in Verbindung mit unserer modernen Landwirtschaft zur aktuellen Bedrohungssituation aller Weihen geführt.

Bei dem Individuum auf dem folgenden Foto es sich um ein adultes Männchen.

Im Vergleich zum häufigen Mäusebussard ist die Rohrweihe ca. 10 Mal seltener anzutreffen. Die größten Chancen, die schönen Rohrweihen zu sehen, hat man im Bereich von Seen, Teichen und Flussauen, wo es Schilfbestände gibt – Denn dort brütet sie, wenn sie der Lebensraumverlust und die Zersiedelung der Landschaft im dichte besiedelten Deutschland nicht auf Äcker treibt, wo ihr Nachwuchs schlechte Überlebenschancen hat.

Hier ein weiteres männliches Individuum:

Von allen europäischen Weihen ist die Rohrweihe ist größte und dabei ein klein wenig größer als ein Mäusebussard; dabei jedoch merklich schlanker in der Gestalt und eleganter von der Silhouette und dem Flugbild. Bis auf die südeuropäischen Individuen sind Rohrweihen bei uns Zugvögel, die teilweise im Mittelmeerraum, die meisten jedoch in Afrika, überwintern. Die am weitesten geflogene und beringte Rohrweihe, hat man in 6.000km Entfernung zum Brutplatz gefunden.

Ausnahmen gibt es mittlerweile aber auch, so gibt es auch den Winter über immer wieder vereinzelt Rohrweihen-Beobachtungen in Deutschland. Eine spannende Frage ist, ob der Winterbestand mit dem Klimawandel zunehmen wird?

Folgend sieht man zwei weibliche Individuen.

Ab Ende März bis Mitte April kann man die zurückziehenden Rohrweihen wieder sehen.

Während der Brutzeit kündigt sich das Männchen, wenn es sich dem Nest nähert, laut rufend an. Dies ist dann das Zeichen für das Weibchen zum Aufsteigen, denn die Beuteübergabe erfolgt in der Luft. Als elegante und gekonnte Flieger – man beachte die schlanken und langen Flügel – haben Rohrweihen bei der Jungenaufzucht nämlich ihr ganz eigenes Ritual zur Beuteübergabe: Das Männchen lässt die Beute fallen, sobald seine Partnerin in der Nähe ist und diese fängt die Beute mitten im Flug auf.

So läuft auch später die Beuteübergabe mit den flüggen Jungvögeln in der sogenannten Bettelflugphase. Das klappt natürlich nicht auf Anhieb und muss geübt werden, ist aber ein gutes Training für den Nachwuchs, denn nach nicht einmal einem Monat (ca 20 Tage) weiterer Fürsorge, sind sie auf ihr eigenes Können bei der Jagd angewiesen.

Die ersten Fotos zeigen ein noch jüngeres Weibchen, das letzte ist ein adultes Männchen, welches vom Wegesrand gestartet ist. Immerhin hat es noch für ein scharfes Foto gereicht – wenn auch von hinten

Die beiden Fotos hier zeigen einen Rohrweihen-Terzel bei der Nahrungssuche. Typischerweise fliegen (Rohr)Weihen bei der Nahrungssuche recht dicht und oft geradlinig über Schilf- und Wasserflächen sowie angrenzenden offenem Gelände wie Wiesen und Felder. So kann man schon aus der Ferne am Flugverhalten sehen, dass hier gerade eine Weihe fliegt.

Der Speiseplan der Rohrweihe ist recht umfangreich und reicht von Insekten über Amphibien, Reptilien, Fischen, kleinen Säugern bis zu Vögeln. Die Hauptnahrung setzt sich dabei aus (jungen) Vögeln und Kleinsäugern zusammen.

Bei dem folgenden Foto der männlichen Rohrweihe aus dem Juni fällt auf, dass die Unterflügeldecken sehr weiß sind und nicht wie üblich viele rostbraune Farbtupfer aufweisen. Auch ist von der dunklen, getupften Binde am Flügelhinterrand nicht (mehr) viel zu sehen; Bauch und Hals zeigen viele helle Zwischenräume. Kurzum, dieses Männchen gibt einen deutlich helleren Gesamteindruck von sich ab als üblich und bei Rohrweihenmännchen ist dies ein Zeichen für ein fortgeschrittenes Alter.

Wobei diese Aufhellung nicht das Ende der Fahnenstange zeigt; richtig alte Männchen können reinweiße Unter- und Oberflügeldecken zeigen, nicht einmal mehr Reste eines Flügelhinterrandes und auch wesentlich weniger Farben an Bauch und Hals.

Da wir schon so ungeniert übers Alter sprechen, wie schaut es da mit der Lebenserwartung aus? Nun, das älteste in freier Wildbahn per Ringfund bestimmte Individuum, hat es auf über 16 Jahre gebracht. So ein hohes Alter bleibt aber nur den aller wenigsten Rohrweihen vergönnt.

Rohrweihen bevorzugen dichte Schilfbestände als Brutplatz, am liebsten Schilfinseln, um so vor Brutprädatoren geschützt zu sein. Es werden aber auch Schilfbestände am Ufer genutzt und in schlecht strukturierten Lebensräumen, bleibt ihnen manchmal nur der Acker. Wenn die Nester, bspw. durch gezieltes Suchen von Ehrenamtlichen, nicht entdeckt und geschützt werden, geht der Nachwuchs spätestens bei der Ernte verloren.

Am Nestbau, für den Schilfrohr eingebracht wird, beteiligen sich beide Geschlechter des Brutpaares gleichermaßen. Allerdings legt sich das Männchen oft einen weiteren Platz an, der als Ruhe- und Futterplatz dient. Das Foto zeigt ein weibliches Individuum.

Auf einer weiten Vernässungsfläche in der Nähe extensiv genutzter Weiden, haben sich auch die Rohrweihen im Juni blicken lassen. Das Foto zeigt ein schönes adultes Weibchen mit der für weibliche Individuen typischen Maske, die etwas an Jungvögel erinnert, dabei aber nicht ganz so kontrastreich und sauber wirkt. Außerdem zeigen die hellen Anteile der Gesichtsmaske bei jungen Vögeln viele Orangetöne.

Noch im 2. Kalenderjahr weisen vorjährige Jungvögel eine sehr dunkle Iris auf, die sich im weiteren Verlauf aufhellt und bei Weibchen im adulten Stadium von Braun bis, so wie hier auf dem Foto, hellgelb reicht und damit der Iris der adulten Männchen ähnelt.

Eine Kopfnuss bei der Nahrungssuche – An einem heißen Junitag rechnet man mitten in einer trockenen Sandheide mit Sträuchern und Kiefernbeständen nicht unbedingt mit einer Rohrweihe. Falls dieses Männchen zu einem brütenden Paar gehört, dann hat er sich ca. 4,5Km von der nächsten Schilffläche an einem Gewässer entfernt. Das wiederum ist gar nicht so ungewöhnlich. Je nach Nahrungsverfügbarkeit und Habitat können sich Greifvögel viele Kilometer vom Horst entfernen, um Jagd auf Beute zu machen und an einer wärmebegünstigten Fläche wie dort zudem die Thermik zum Segeln nutzen und damit viel Energie sparen.

Nicht ganz so alltäglich war dann einer der dort im Gebiet brütenden Raubwürger – was schon besonders genug ist – und dem es gar nicht gefiel, dass ein potenzieller Nestprädator ins Revier kam, sodass der Raubwürger dem nahrungssuchenden Rohrweihen-Terzel kurzerhand eine derbe Kopfnuss verpasst hat! Das wusste wohl jemand. dass die Rohrweihe im Niederländischen nicht ohne Grund „kuikendief“ (Kükendieb/räuber) heißt, wobei es sich i.d.R. um junge Wasservögel handelt, die von der Rohrweihe prädiert werden.

Jedenfalls hat sich die Rohrweihe nach kurzer Zeit getrollt und woanders hoffentlich bessere Chanen auf eine ungestörte Jagd vorgefunden. Das ist bei den 3-6 Eiern, die bei einer Jahresbrut ins Schilfnest gelegt werden, auch nötig. Von den Jungen überlegen meist aber nur die 2-3 fittesten Individuen. Falls das erste Gelege verloren geht, kann es auch zu einem Nachgelege kommen.

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