Feldsperling

Wenn vom “Spatz” die Rede ist, ist damit der Haussperling gemeint. Heute geht es um seinen nahen Verwandten: Den Feldsperling. Der Name passt, denn im Gegensatz zum Haussperling, bewohnt dieser Feldränder und ist in Siedlungen eher nicht anzutreffen.

Zum Feldsperling gibt es noch eine ebenso lehrreiche wie erschreckende Anekdote zu berichten. Und zwar aus China: Unter Mao wurde Ende der 50er Jahre beschlossen alle “Plagen” auszurotten. Den Feldsperling als vermeintlichen Erntevernichter zählte man ebenso dazu. Die ganze Bevölkerung wurde zu diesem unvorstellbaren Vernichtungskreuzzug aufgerufen. Zeitzeugen berichten, dass man vor allem durch das Aneinanderschlagen von Töpfen und Gongs die Sperlinge immer wieder aufscheuchte, bis sie vor Erschöpfung starben. Auch wurden Nester restlos geplündert. Die Ausrottungskampagne war so erfolgreich, dass viele Insekten, deren Bestände zuvor vom Feldsperling stabil und in Schach gehalten wurden, regelrecht explodierten und viele Felder kahl gefressen wurden. Das war nicht der einzige, aber einer der Hauptgründe, warum daraufhin eine gewaltige Hungersnot über China hereinbrach. Die Situation war so katastrophal, dass man sich gezwungen sah Zehntausende Feldsperlinge aus der damaligen Sowjetunion zu importieren, um den Insektenplagen Herr zu werden. Bis heute haben sich die Populationen der Feldsperlinge in China nicht erholt.

Das ganze bleibt so ein Lehrstück über anthropogenen Größenwahn und die Verzahnung und Verkettung ökologischer Zusammenhänge, in die man nicht von Heute auf Morgen folgenlos eingreifen kann. Das aktuelle Vogelsterben sollte uns also deutlich wachrütteln, wenn man die Verluste in Deutschland allein seit den 1980ern von vor allem Feldvögeln betrachtet: Rebhuhn -91%, Kiebitz -93%, Feldlerche -55%, Braunkehlchen -57%.

Diesen Trupp aus über 50 Feldsperlingen konnte ich im November bei einem Knusper-Gelage beobachten Durch die kahle Vegetation und die lärmenden Trupps sind sie im Winter leichter zu entdecken als im Sommerhalbjahr. Ähnlich wie bei anderen typischen Feld- und Wiesenvögeln macht ihnen die moderne Landwirtschaft sehr zu schaffen und die Bestände haben abgenommen. Daher ist er auf der Roten Liste auf der Vorwarnliste eingetragen.

Im Gegensatz zum Haussperling trifft man den Feldsperling meistens außerhalb von Siedlungen an und bei letzterem unterscheiden sich die Geschlechter nicht im Äußeren.

Zu seinem Lebensraum gehören die namensgebenden Felder, sofern es dort ausreichende Strukturen wie Sträucher und alte Bäume mit Baumlöchern gibt. Denn als Höhlenbrüter bevorzugen Feldsperlinge ausgefaulte Astlöcher, Spechthöhlen, Mauernischen, aber auch Nistkästen.

Diese zwei Feldsperlings-Individuen konnte ich letztes Jahr im Juni fotografieren. Während der eine einen blätternden, gefärbten Schnabel zeigte und ansonsten fit war, zeigte sich der andere recht lethargisch und wies auch fehlende Federn am Schnabelgrund auf. Vermutlich handelt es sich dabei um einen Parasitenbefall wie bspw. durch (Grab-)Milben. Das ist allerdings nicht sicher zu sagen, da es eine riesige Fülle an Parasiten gibt, die – wie überraschend – nun wahrlich keinen guten Ruf genießen.

Dabei zeigt die neuere Forschung, vor allem aus dem Bereich der Ökologie, dass Parasiten ein essenzieller und unabdingbarer Teil von intakten Ökosystemen sind. Sie halten Nahrungsnetze am laufen und erzeugen genug Selektionsdruck, um den Genpool fit und wehrhaft zu halten. Kein Wunder, denn wie man heute annimmt, müssen sich potenzielle Wirte schon seit ca. 500 Millionen Jahren mit parasitischen Lebensformen herumschlagen. So sagen Ökologen wie bspw. Peter Hudson von der Penn State University auch, dass ein gesundes Ökosystem auch reich an Parasiten ist.

Wir Menschen, die gut und gerne heutzutage 80 Jahre und älter werden, haben an ein gesundes Leben natürlich auch andere Maßstäbe. Die meisten Singvögel allerdings leben bis auf Ausnahmen i.d.R. nur 2-5 Jahre.

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