Die Goldammer ist nicht nur unsere häufigste, sondern auch bekannteste Ammer – Dabei kommen noch viel mehr Vertreter der Familie in Deutschland vor. Eine davon ist die Grauammer, die leider nicht mehr so bekannt und häufig ist. Mit einer Revieranzahl von 16.500-29.000 ist die Art damit ca. 100 Mal seltener als die erwähnte Goldammer.
Das war nicht immer so, denn als typischer Wiesenvogel stellt die Grauammer nicht unbedingt hohe Ansprüche an ihr Habitat. Wie auch alle anderen Wiesenvögel und Bodenbrüter (Braunkehlchen, Wiesenweihe, Kiebitz usw), nehmen ihre Bestände durch die immer intensivere Nutzung von Wiesen zu.
Bei der Mahd mitten zur Brutzeit geht damit auf den meisten Wiesen die komplette Brut durch das Mähen verloren. Kein Wunder, dass man die Grauammer fast nur noch in Naturschutzgebieten oder manchmal an extensiv bzw vorbildlich genutzten Wiesen an Dorfrändern findet.
Dort fällt sie mit ihrem hohen Gesang und schnellen Gesang auf. Manche beschrieben diesen als Schlüsselklappern, ich würde sagen, es klingt wie eine immer schneller und höher singende Goldammer.
Im allerletzten Abendlicht hat sich uns diese Grauammer im April präsentiert. In typischer Ammer-Manier wird beim Singen der Schnabel so weit aufgerissen wie nur möglich und die ganze Heidelandschaft beschallt
Die Grauammer ist die größte der europäischen Ammern und mit einer Körperlänge von bis zu 18cm und einem Gewicht bis zu 60g etwas größer und wesentlich massiger als die häufige Goldammer.
Als Wiesenvogel und Bodenbrüter mag sie offene Flächen wie extensiv genutzte Wiesen oder Heiden. Diese hier hatte ihr Revier auf einem ehem. Truppenübungsplatz, der jetzt ein Naturschutzgebiet ist und als Heidelandschaft durch Pflegemaßnahmen erhalten wird.
Es ist immer ein Ritterschlag für ein Gebiet, wenn man dort den aufsteigenden Klingel-Gesang der Grauammer vernehmen kann, so wie hier auf Wiesen in der Schaalsee-Region.
Das Zugverhalten der Grauammer lässt sich nur schwerlich kurz zusammenfassen, da dies sehr von Region und sogar Individuum abhängt. Nur in den äußersten Zipfeln des Verbreitungsgebietes (Baltikum) tritt die Grauammer als reiner Zugvogel auf, der dann im Mittelmeerraum überwintert. Überwinterer in Mitteleuropa sind teils Zugvögel aus dem Norden, aber auch hier ansässige Brutvögel, die im Winter regionale Wanderungen unternehmen.
Dank Ringfunden weiß man, dass sich sowohl die Wanderneigung als auch das Zugverhalten und die Wahl des Winterquartiers, innerhalb lokaler Populationen individuell unterscheiden kann. Ab August gibt es ein Nachlassen der Revieransprüche und es bilden sich dann die Trupps, die dann umherwandern oder aber ab Oktober wegziehen. Für die Weggezogenen beginnt die Heimreise ab Februar, sodass sie meist im April wieder ihre Brutreviere besetzen können – Dann ist wieder der typische Grauammer-Gesang zu vernehmen.
In einer Heidelandschaft, die aus einem ehemaligen Truppenübungsplatz entstanden ist und durch Schafbeweidung offen gehalten wird, finden sich jährlich einige Brutpaare der Grauammer ein. Ein Individuum von ihnen zeigt das Foto aus dem April.
Über das komplizierte Zug- und Wanderverhalten habe ich bereits weiter oben etwas geschrieben. In den Regionen, wo einige den Winter über hier bleiben, kann man sie in passenden Habitaten sogar in winterlichen Trupps bei der Nahrungssuche beobachten. Während sich die adulten Vögel im Winter auch mal von Beeren, den Sommer über vegetarisch von Sämereien und Getreidekörnern ernähren, werden Jungvögel zur Brutzeit zusätzlich und je nach Witterung mit Insekten, Spinnen und gelegentlich Weichtieren gefüttert. Das kennt man auch von anderen Vegetarianern wie bspw. dem Grünfink.