Ein wunderschöner, elegant wirkender Greifvogel: Der Rotmilan. Manche reden auch nur vom “Milan”, was man hierzulande nicht tun sollte, denn in Deutschland kommt auch der Schwarzmilan vor. Auch “Gabelweihe” ist ein irreführender Begriff, da der Rotmilan nicht mit den Weihen verwandt ist.
Rotmilane sind bei uns zum größten Teil Kurzstreckenzieher, die im Mittelmeerraum (dort auch in Gruppen) überwintern. Es gibt mittlerweile aber auch einen steigenden Trend, dass Individuen hier bleiben und überwintern.
Für uns ist der Rotmilan ein vertrauter Anblick, aber Tatsache ist, dass Deutschland 50-60% des gesamten Weltbestandes des Rotmilans beherbergt! Weshalb dieser Art im Artenschutz auch ein besonderes Augenmerk zuteil wird, man spricht hierbei von einer “Verantwortungsart” für Deutschland.
Auch in der Mauser ist der Rotmilan noch elegant und schön. Hier hat mich ein adultes Individuum im Juli auf der Suche nach Nahrung überflogen. Noch mehr als unsere anderen Greifvögel bedient sich der Rotmilan gerne an Aas. Ansonsten stehen Kleinsäuger und Vögel, aber auch mal Würmer oder Insekten auf dem Speiseplan. Über Gewässern kann man sie auch mal beim Erbeuten von kranken oder toten Fischen beobachten, aber nicht so häufig wie das sein Verwandter, der Schwarzmilan, sehr gerne macht.
Mit einer Flügelspannweite von 1,40m bis zu 1,70m ist der Rotmilan deutlich größer als der Mäusebussard. Wie bei allen Greifvögeln sind es auch hier die Weibchen, welche die größeren Individuen innerhalb der Art stellen. Die Größe des Männchen beträgt gegenüber dem Weibchen im Durchschnitt 87%.
Im Mai habe ich diesen schönen über uns kreisenden Rotmilan vor die Linse bekommen.
Wenn er es schaffen sollte den zahlreichen Gefahren, die auf ihn warten zu trotzen, dann kann es ein wild lebender Rotmilan nachweislich auf knapp 30 Jahre bringen (Ringfund) und in Gefangenschaft sogar auf bis zu 38 Jahren.
Eine dieser Gefahrenquellen steht besonders oft im medialen Fokus und wird oft hochemotional debattiert, nämlich die Windkraft. Bei diesem Thema wird immerhin über die Gefahr geredet und es werden verschiedene Maßnahmen studiert, probiert und bereits angewandt, mitunter erfolgreich. Gar nicht auf dem Schirm der Öffentlichkeit ist der nachgewiesen und weitem Abstand häufigste Grund für unnatürlich gestorbene Rotmilan: Vergiftung!
Von wenigen absichtlichen Vergiftungen abgesehen, wird dem Rotmilan vor allem seine Vorliebe für Aas zum Opfer: Damit frisst er auch Nagetiere, die durch das Auslegen von Giftködern gestorben sind. An der Spitze der Nahrungskette stehend, reichert sich das Gift im Rotmilan an, bis er qualvoll daran stirbt. Die Ausmaße sind erschreckend: Eine niederländische Studie konnte bei 45 von 55 toten Rotmilanen Vergiftungen nachweisen. In einer weiteren EU-weiten Studie zur Untersuchung von Todesursachen des Rotmilans, konnte man durch 700 besenderte und verstorbene Rotmilan nachweisen, dass Vergiftungen mit weitem Abstand die häufigste Todesursache sind. Wenig überraschend ist Platz 2 der Tod im Straßenverkehr. Weiterhin sind Stromschläge an ungesicherten Leitungen auch immer noch ein Problem. Windkraft kommt bei dieser Studie erst auf Platz 7; was sich in Zukunft natürlich mit einem verstärkten Ausbau ändern könnte, aber es zeigt wie hier öffentlich vollkommen vorbei an Tatsachen diskutiert wird. Auch Kollisionen mit Fensterscheiben bzw. Glas-Hochhäusern sind generell ein Problem für Vögel.
Die Problematik der Vergiftung in, unabsichtlicher vertikaler Richtung der Nahrungskette, wurde auch durch noch eine andere, alarmierende Studie erwiesen: Am IWZ in Berlin hat man alle aufgefunden Greifvogelkadaver zwischen 1996 und 2018 untersucht: „Wir fanden Rodentizid-Rückstände im Lebergewebe von mehr als 80 Prozent der untersuchten Habichte und Rotmilane“, so Alexander Badry, Hauptautor der Studie. Bei gut 15 Prozent beider Arten lagen die Konzentrationen über 200 Nanogramm pro Gramm Körpergewicht, was laut der Forscher ein Hinweis auf eine akute Vergiftung ist.
Wer etwas für den Rotmilan-Schutz tun will: Hört auf Giftköder auszulegen und sagt es weiter! Das ist nicht nur qualvoll für die Nager; diese sterben nämlich nicht gleich auf der Stelle, sondern später irgendwo anders und werden nachweislich von Greifvögeln gefressen. Der beste Schutz vor einer übermäßigen Nagerpopulation ist ein intaktes Ökosystem mit Prädatoren wie Greifvögeln und Eulen. Die Giftköder machen damit sogar ironischerweise genau das Gegenteil von dem was sie sollen: Sie dezimieren unbeabsichtigt Prädatoren und ermöglichen Mäusen und Ratten damit höhere Populationen.
Der elegante Rotmilan ist hier der Abendsonne entgegen geflogen, auf dem dritten Foto sieht man auch gut, wie sich die Pupille durch das einfallende Licht verkleinert. Um bei der Jagd nicht durch die Sonnenblendung beeinträchtigt zu werden und um die überlebenswichtige Fähigkeit zum Sehen zu schützen, besitzen Greifvögel das Sopraorbitalschild: Ein Knochenschild über dem Auge, was dieses meist beschattet und auch bei Kämpfen schützt. Bei Arten mit besonders starker Ausprägung ist dieser Knochenteil auch für den entweder als ernst oder stolz interpretierten “Blick” verantwortlich wie bspw. beim Seeadler oder Habicht.
Mit einem Einflug von weggezogenen Rotmilanen aus den Winterquartieren ist ab Februar zu rechnen, die Fotos habe ich Anfang März gemacht. Die Ankunft im Brutrevier findet i.d.R. nicht vor Mitte Februar statt, oft Anfang März und dort finden dann in den meisten Fällen wieder die alten Partner zusammen, da sie bis auf Ausnahmen lebenslang verpaart bleiben. Mit Ausnahmen sind dabei vereinzelt Neuverpaarungen bei erfolglosen Brutversuchen junger Rotmilane oder aber in dicht besiedelten Regionen auch Paarungen von Weibchen mit fremden Männchen gemeint. Etwas weniger Treue gibt es dagegen zum Horst (Vergleich dazu Weißstörche, wo die Paare weniger aneinander und mehr ans Nest gebunden sind): Je nach Ort der Studie (Schweiz, Deutschland etc) und welche Individuen mit einbezogen wurden (erfahrene Altvögel, Erstbrüter) liegt die Quote an wieder benutzten Horsten bei nur 11,5-32% – Der Wechsel findet aber im selben Revier statt, in einer Entfernung von durchschnittlich 280m.
Balzende Rotmilane bieten eine fantastisch anzusehende Flugshow, denn neben Rufen und Beuteübergaben des Männchens an das Weibchen, finden rasante und waghalsig anmutende Flugspiele statt, bei der sich ein Partner oder das Paar aus größer Höhe spiralförmig herunterstürzen lässt. Nicht zum Balzspiel gehört dabei das noch spektakulärere ineinander Verkrallen und Herabstürzen zweier Rotmilane; hierbei handelt es sich um (Scheinangriffe), bei denen es um die Verteidigung des Revieres gegenüber Rivalen geht.