Starenwolke

Diese ebenso geräuschvolle wie auch sehr dynamische Wolke aus Staren habe ich im Juni vor die Linse bekommen. Die ersten Schwärme kann man nämlich schon ab Juni sehen, denn dann finden sich diesjährige Jungvögel und Nichtbrüter zu den ersten Trupps zusammen. Diese ziehen aber noch nicht ins Winterquartier, sondern unternehmen Wanderungen zu Orten mit gutem Nahrungsangebot.

Auch in den USA kommt unser europäischer Star (Sturnus vulgaris) vor, zu verdanken hat er das Eugene Schieffelin. Er fand es seinerzeit (1890) eine tolle Idee europäische Vögel, die in Shakespear-Romanen vorkamen, in den USA auszusetzen. Dieses plötzliche Auftreten eines Neozoon, zudem eines solchen Opportunisten, hatte natürlich starke Auswirkungen auf die heimische Vogelwelt als auch die Landwirtschaft. Das Kuriose an der Geschichte ist: Während die Starenpopulation in den USA stets immer weiter massiv wuchs und er dort als Schädling gilt, nahm die europäische Population, also in der eigentlichen Heimat, massiv ab.

Die großen Schwärme im Spätsommer und Herbst täuschen leicht darüber hinweg, aber man darf nicht vergessen, dass man dort eben alle Vögel aus ganz Europa sieht. Mit 2,6-3,6 Millionen Brutpaaren in Deutschland ist die Bestandssituation hierzulande zwar bei weitem nicht kritisch, der Verlust von einer Million Brutpaaren in gerade mal zwei Jahrzehnten ist aber bedenklich.

Große Brachvögel im Juni

Da macht man erst einmal große Augen, wenn man sich den überfliegenden Trupp im Fernglas ansieht und die Art dann im Binnenland (Biosphärenregion Schaalsee) Mitte Juni als Große Brachvögel identifiziert! Über die Truppbewegung kann man gut spekulieren: Vielleicht wurden sie auf ihrer Fläche bei der Nahrungssuche gestört, sind Nichtbrüter, die sich bereits auf den Zug machen oder gar verfrühte durchziehende Zugvögel aus dem Norden?

Beim Betrachten des Trupps fällt die mitunter unterschiedlich große Schnabellänge auf; bei den kleineren Differenzen handelt es sich um Unterschiede zwischen Weibchen und Männchen, wobei die Weibchen den größeren Schnabel aufweisen. Gerade das letzte und erste Individuum im Trupp fällt besonders aus der Reihe; hier sollte man nicht auf die Idee kommen an den Regenbrachvogel denken, da es oft heißt, man könne diesen am kürzeren und stärker gebogenen Schnabel unterscheiden, dafür aber beachten, dass juvenile Große Brachvögel im ersten Kalenderjahr noch deutlich kürzere Schnäbel haben als die ausgewachsenen Artgenossen.

Wer sitzt in Hochstaudenfluren und macht Quatsch?

Es ist der Sumpfrohrsänger! Im Gegensatz zu seiner nah verwandten Zwillingsart Teichrohrsänger, ist der Sumpfrohrsänger weniger an die Nähe zum Gewässer gebunden und findet auch in Hochstaudenfluren mit bspw. Brennnesseln oder Rainfarn ein passendes Habitat – Die Pflanzenart an sich ist dabei weniger wichtig, als die Tatsache, dass diese hoch und dicht wachsen. Orte mit solchen Merkmalen sind u.a. Bachufer, Brachflächen an Wiesen, Ruderalflächen, oder große verwilderte Gärten.

Dieses Individuum hat seine Artzugehörigkeit anhand seines quasselnden und imitierenden Gesangs (u.a. von Kohlmeisen) problemlos preisgegeben und war auch noch im passenden Habitat. Ganz so einfach ist es meist aber nicht und eine morphologische Bestimmung gelingt nur mit der Kombination mehrerer Merkmale:

-Teichrohrsänger hat eine wärmere Gefiederfarbe (Lichtsituation beachten)

-Beine des Sumpfrohrsängers tendenziell heller

-Teichrohrsänger weist einen rotbraunen Bürzel auf

-Handschwingenprojektion des Sumpfrohrsängers ca. 100%, beim Teichrohrsänger 60-100% (Mauserstatus, Alter und Abnutzung beachten)

-Flanken beim Sumpfrohrsänger tendenziell heller (Schmutz und Licht beachten)

Wenn man sich das ansieht, dann ist vieles davon recht vage, variabel und es gibt zudem noch Überschneidungsbereiche. Von daher kann ich nur die Empfehlung abgeben die Bestimmung – während der Brutzeit – über den Gesang vorzunehmen. Das klingt anfangs vielleicht komplizierter, ist in Wahrheit aber wesentlich einfacher und definitiv sicherer als das subjektive Interpretieren von Farbtönen, Projektionen und Helligkeiten.

Brutinsel-Panorama

Von einem Beobachtungsturm an einem der Seen des Biosphärenreservates Schaalsee entstand aus 4 Einzelfotos das Panorama dieser Brutinsel. Die anderen 3 Fotos zeigen Details der Insulaner

Zu sehen sind: Stockente, Kormoran, Lachmöwe, Graugans, Flussseeschwalbe, Haubentaucher.

Das Brüten in Kolonien bringt zwar mitunter Nachbarschaftsstreitigkeiten mit sich wie bspw. Revierkämpfe oder Kleptoparasitismus; also das Abluchsen von Beute, aber für typisches Koloniebrüter wie Kormorane, Lachmöwen und Seeschwalben, scheinen die Vorteile klar zu überwiegen: Viele Augen sehen mehr und falls sich ein potenzieller Prädator nähert, wird er auf jeden Fall erkannt und dann nicht nur von einem Brutpaar bekämpft, sondern von allen.

Bei einem anderen Ausflug sind wir einmal Zeuge geworden, wie es einer Rohrweihe erging, die sich einer ähnlichen Brutinsel sich mit gewissen Absichten genähert hat; sagen wir es so: Das war nicht ihr Tag

Mit ihm ist gut Kirschen essen ;-)

Im Juni ist uns diese männliche Mönchsgrasmücke (schwarze Kappe) aufgefallen, wie sie sich an Kirschen gütlich getan hat. Auch wenn die Mönchsgrasmücke mit ihrem spitzen Pinzettenschnabel optimal für die Insektenjagd ausgestattet ist, kann sie mit diesem ähnlich wie auch ein Star wunderbar Früchte wie Kirschen oder Holunderbeeren aufpicken.

Für die Ornithologie, genauer für die Vogelzug-Forschung und Mikroevolution, hat die Mönchsgrasmücke eine ganz besondere Bedeutung im Lauf der Jahre erlangt. Vor allem die Studien der ornithologischen Koryphäe Prof. Dr. Peter Berthold haben mit vielen Mythen und Unklarheiten aufgeräumt. So ist es ihm nicht nur gelungen innerhalb weniger Generationen Standvögel zu Zugvögeln umzuzüchten und Zugvögel zu Standvögeln, sondern er konnte damit auch Nachweis erbringen, dass das Zugverhalten komplett genetisch veranlagt ist und sich durch evolutive Prozesse innerhalb kurzer Zeit an veränderte Bedingungen anpassen kann. Die nächste große Erkenntnis war, dass dies auch auf die Richtung des Zuges zutrifft.

Genetische Mutationen bei der Zeugung der nächsten Generation führen bekanntermaßen immer zu kleineren Abweichungen der Allele, die entweder vorteilhafte, nachteilige oder unbedeutende Auswirkungen haben können. So gab es sicher auch schon immer vereinzelte Mönchsgrasmücken, die eher einen genetisch verursachten Drang hatten in andere Richtungen zu ziehen. Das blieb solange ohne selektive Auswirkungen, bis sich die Vogelfütterung in England zu einem Volkssport entwickelt hat und Vögel mit einer genetischen Tendenz im Winter nicht nach Süden, sondern nach Nordwesten Richtung England zu zogen, plötzlich selektive Vorteile hatten – Da ihre Futterversorgung im Winter sichergestellt war.

Diese Anpassungen haben dazu geführt, dass es aufgrund milderer Winter in Deutschland auch immer mehr überwinternde Mönchsgrasmücken gibt und viele der ziehenden Mönchsgrasmücken nicht mehr in den Mittelmeerraum, sondern Richtung England ziehen.

Im Zuge der Klimaerwärmung ist das sicher eine hoffnungsvolle Erkenntnis und zeigt einmal mehr, dass die Bedrohung durch Lebensraumverlust, Nahrungsmangel, etc. für die meisten Arten noch mehr ein Problem darstellt, was sie nicht selbst lösen können, was aber medial leider doch sehr untergeht oder nach wie vor belächelt wird.

Er hat sich durch seinen Gesang verraten

Vielleicht wäre er uns Mitte Juni gar nicht aufgefallen, wenn er nicht lautstärk geträllert hätte: Der Fitis.

Damit war auch ein Problem, vor dem man bei der Art stehen kann, gleich gelöst: Mit dem nah verwandten und ähnlichen Zilpzalp besteht große Verwechslungsgefahr, weshalb man die beiden auch als Zwillingsarten bezeichnet. Zur Brutzeit ist die sichere Bestimmung und Erfassung anhand des Gesangs definitiv der leichteste Weg, da der Fitis singt wie ein Buchfink ohne Überschlag. Der ähnliche Zilpzalp singt…nunja…zilp-zalp-zilp-zalp-zilp-zalp

Die Differenzierung über den Ruf ist dagegen äußerst schwierig, da beide eine Art aufsteigendes Pfeifen (huiid) von sich geben. Beim Fitis ist dieses tendenziell zweisilbiges und erst im zweiten Teil aufsteigend. Eine zweifelsfreie Bestimmung anhand des Rufes ist meiner Meinung nach nur bei ausgeprägt und markant rufenden Individuen möglich, da jedes Tier wie angesprochen ein ist und es immer eine gewisse Variationsbreite gibt.

Stoff für anregende Debatten unter Ornis sorgt immer wieder die Bestimmung anhand morphologischer Merkmale auf Fotos, die mal mehr oder auch weniger deutlich ausgeprägt sein können. Wichtig ist hierbei der Gesamteindruck, der sich aus der Kombination vieler Einzelmerkmale ergibt. Der Fitis hat:

-ein eher gelblicheres, farbigeres Gefieder (Zilpzalp bräunlicher und weniger intensiv)

-einen meist deutlichen ausgeprägten Überaugenstreif (einige Zilpzalpe mitunter auch!)

-in den meisten Fällen helle Beine (Zilpzalp in den meisten Fällen dunkle Beine)

-eine deutlich längere Handschwingenprojektion von ~90% (Zilpzalp ~60%; Mauserstatus und juvenile Individuen beachten!)

Mit 0,8-1,2 Mio. Brutpaaren ist der Fitis zudem deutlich weniger häufig als der Zilpzalp mit 3,3-4,6Mio Brutpaaren.

Kolkraben-Trupps

Heute gab es ordentlich Aktivitäten von den Kolkraben zu beobachten und auch zu hören, denn mehrere kleine Trupps haben mit ihren markanten rauen Grog-Rufen das Gebiet überflogen.

Im Flug zeigt der Kolkrabe besonders lange, einzeln abstehende Finger (Handschwingen) und einen markant keilförmigen Schwanz. Der Schnabel ist massiver als bei der Raben- bzw. Aaskrähe und dessen oberseitige Befiederung länger. Auch unverwechselbar sind die länglichen Halsfedern, die beim Rufen regelrecht abstehen und seinem Hals ein dickes Aussehen verleihen.

Unverkennbar ist sein typisches Rufen: “Grog”, tief und rollend, was man mittlerweile wieder oft in unseren Wäldern vernehmen kann – Dort ist er nämlich hauptsächlich anzutreffen, auch wenn er durchaus in anderen Habitaten vorkommen kann. “Mittlerweile wieder”, da es zwischenzeitlich gar nicht gut für den Kolkraben aussah: Massive Verfolgung und Bejagung haben seine Bestände Anfang des letzten Jahrhunderts auf kleine Rest schrumpfen lassen. In der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts war es dann der katastrophale und industrialisierte Umgang mit unseren Wäldern, die ihn zu einem seltenen Vogel haben werden lassen. Glücklicherweise hat ein Umdenken stattgefunden und die Kolkrabenbestände konnten sich wieder gut erholen.

Ein schöner und variabler Trupp Rohrammern

Eine nette Überraschung am sonnigen Samstag war dieser kleine Trupp aus 7 Individuen, die am Feld- und Wegesrand auf Nahrungssuchen waren. Dass sie im Winter eher auf Feldern als wie zur Brutzeit um Feuchtgebiete (Seggen-&Hochstaudenflure, Röhricht) herum vorkommen, gehört dabei zum normalen Verhaltensrepertoire. Oft sind sie dabei auch mit anderen samensuchenden Vögeln wie Goldammern, Buch- oder Bergfinken vergesellschaftet, an dem Tag waren sie allerdings unter sich.

Was man auf den Fotos sehen kann ist, dass sie alle ein wenig anders aussehen. Im Januar befinden sie sich größtenteils noch im Schlichtkleid, allerdings gibt es keine harte Grenze als Übergang zum Prachtkleid, da sie zu den Vögeln gehören, die ihr Prachtkleid durch Abnutzung des Schlichtkleids freilegen. Dazu kommt neben dem Geschlechtsdimorphismus auch noch, dass junge Individuen im 1. Winter (2. Foto) auch noch etwas anders, vor allem heller, aussehen.

So war es nicht nur deshalb eine schöne Beobachtung, da Rohrammern oft nicht so leicht zu entdecken sind, sondern weil man sich hier schön die individuell ausgebildeten Merkmale vor Augen führen konnte.

Ein kleiner süßer Fratz

Aus dem Juni stammen die Fotos des juvenilen Hausrotschwanzes, der sich nach der Bettelflugphase – also der Zeit in welcher er bereist flügge ist, aber noch durch Elterntiere gefüttert und geführt wird – selbst in der Welt behaupten muss.

Das Gelege der Hausrotschwänze umfasst i.dR. 4-6 Eier und es finden oftmals 2 Bruten statt. Sie konnten sich Kulturfolger bei uns in Sekundärlebensräumen etablieren, also in Siedlungen und Städten, indem sie Nischen in Gemäuern, Hallen, Brücken etc. wie Felsnischen ihres Primärhabitats nutzen.

Das spiegelt sich auch mit einem Bestand von 0,8-1,1Mio Brutpaaren und einem stabilen Trend in Deutschland wider.

Ertappt!

Bei einem für Spechte schon sehr ruhigen und harmlosen Balzverhalten, konnte ich dieses Weibchen fotografieren. Das Männchen mit dem roten Wangenfleck war da gerade im Strauch nebenan.

Verhaltensbiologisch gesehen rechnet man den Grünspecht mit dem Grauspecht zu den Erdspechten, da sie oft auf dem Boden nah ihrer Nahrung suchen, stochern und schlecken: Ameisen. Das angesprochene Schlecken beherrscht der Grünspecht besonders gut, da er von all unseren heimischen Spechten die längste Zunge aufweist: Diese ragt bis zu 10cm aus dem Schnabel heraus!

Als weitere Anpassung an seine Vorliebe für Ameisen zeigt der Grünspecht zudem eine außerordentlich gute Gedächtnisleistung, denn er findet bereits besuchte Ameisenhügel auch unter einer Schneedecke wieder. Eine Bedrohung für den Ameisenstaat stellen die Spechte dabei nicht dar, da sie maximal 5% des Ameisenstaates verspeisen.